Backkultur mit der Natur

Bäck to the roots

In der Backstube der Bäckerei Kurz ist nichts mehr, wie es noch vor wenigen Jahren war. Das Team um Backstubenleiter & Bäckermeister Mario Gstöttinger hat alle Produktionsprozesse nachhaltig umgestellt und so dem Brot seine Natur zurückgegeben. Eine Erfolgsgeschichte mit ehrlichem Geschmack.

Im Grunde haben sich die Zutaten für gutes und natürliches Brot in den letzten 120 Jahren nicht wesentlich verändert. Und doch schlichen sich irgendwann so genannte Convenience-Produkte ein, vorgefertigte Back-Vormischungen, die das Handwerk unterstützen und erleichtern sollten. Nun sind diese industriellen Fertigmischungen per se nicht schlecht und haben durchaus ihre jeweilige Berechtigung. Aber: sicher nicht in der Backstube der Bäckerei Kurz. „Ich durfte schon in sehr vielen Bäckereien in ganz Österreich hinter die Kulissen blicken und habe mit den besten Bäckern des Landes gesprochen. Eines wurde mir dabei klar: In guten Betrieben gibt’s kein Convenience.“ So erklärt Hannes Kurz die Entscheidung, die er gemeinsam mit Backstubenleiter Mario Gstöttinger vor einem Jahr getroffen hat. Eine weitreichende, aber die beste und ehrlichste in jeder Hinsicht, wie sich zeigen sollte.

Bäckermeister Mario Gstöttinger: Der „Mischer“ kümmert sich persönlich um die Teigführung. Dafür nimmt er sich viel Zeit.

Der Blick zurück

Rund 20 Back-Vormischungen – alle von hoher Qualität, aber eben industriell – waren in der Kurz'schen Backstube vor einigen Jahren noch im Einsatz. Und gar nicht so leicht auf die Schnelle zu ersetzen, wie sich Mario erinnert: „Mit dem Bäckermeister und Lebensmitteltechniker Georg Lesina Debiasi von backkultur aus Südtirol konnten wir einen der besten Experten gewinnen. Er hat mit uns gemeinsam die Zusammensetzungen aller bisherigen Fertigmischungen analysiert, aus natürlichen Rohstoffen neu kreiert und auf dieser Basis alle unsere Brotrezepte neu geschrieben.“ Das Ergebnis: nur mehr natürliche Zutaten in allen Brotsorten im Sortiment. So wie früher.


Aber auch ein enormer logistischer und zeitlicher Mehraufwand. Sämtliche Abläufe mussten überdacht und neu organisiert, neue Maschinen angeschafft werden. Allein dafür hat der Chef viel Geld in die Hand genommen. Neue heimische Lieferanten sind dazugekommen, der Lagerbestand ist gewachsen, ein zusätzlicher Arbeitsplatz wurde geschaffen. Hannes Kurz nennt ein markantes Beispiel: „Statt fünf Mehl- und Schrotsorten haben wir jetzt 15 in Verwendung – alle unbehandelt und ausschließlich aus bestem, österreichischem Anbau. Insgesamt greifen wir jetzt auf mehr als 30 natürliche Rohstoffe für die Brot-Produktion zurück!“

Bäckermeister Mario Gstöttinger

Position im Unternehmen

» In unsere natürlichen Brotspezialitäten kommt nicht irgendwelches industrielles oder chemisches Zeugs. Wollen wir nicht, brauchen wir nicht. «

Bleibt alles anders 

Neues bringt auch die Trennung von Altem. Sämtliche Backmischungen wurden ausgelistet und durch natürliche, regionale Zutaten aus Tirol und Österreich ersetzt. „Wir waren selbst überrascht, wie gut von Anfang an alles funktioniert hat“, erinnert sich Mario. Innerhalb eines Jahres war die Umstellung über die Bühne, wie Hannes Kurz lobt: „Dafür braucht es ein Team, das diese Werte zu hundert Prozent lebt und mitträgt. Mario und das gesamte Backstubenteam müssen das ja alles verantworten und umsetzen. Für dieses spürbare Engagement während der letzten Monate möchte ich mich bei all meinen
Mitarbeitern aufrichtig bedanken!“

Reduktion aufs Wesentliche 

„Wir hauen raus, was es nicht braucht“ – so das Motto auch bei der Sortimentsbereinigung. Die verstehe sich als Teil der Reduktion aufs Wesentliche in der Backkunst, so Mario: „Wir haben in der Produktion die gesamte Palette umgestellt und uns sehr genau angeschaut, was (noch) zu uns passt, was Sinn macht und was nicht. Lieber produzieren wir weniger Sorten, dafür in perfekter Qualität.“ Wobei das mit dem „weniger“ relativ ist bei ca. 80 Brotsorten im Sortiment …

Viel Fingerspitzengefühl und ordentliches Gerät ist nötig, um täglich nächtens 30 natürliche Rohstoffe zu frischem, ehrlichem Brot zu veredeln.

Geschmack kann
man züchten

Bereits seit jeher wird bei Kurz hausgemachter Natursauerteig gezüchtet. Jetzt ist er dank einer neuen Sauerteiganlage sogar „Vollsauer“, was Backstubenleiter Mario sehr glücklich stimmt. Weil das Brot viel saftiger und bekömmlicher wird. War es bisher, um in der Bäckersprache zu reden, ein „Grundsauer“ aus Roggenmehl, Wasser und Anstellgut (für die Weiterzucht), so ist Mario im Rahmen der Umstellung einen Schritt weiter gegangen zum „Vollsauer“, einem durch vermehrte Wasserzugabe flüssigeren Natursauerteig. Dafür braucht's einen großen Kessel mit beheiztem Rührwerk – die neueste Investition in die Qualitätsoffensive im Hause Kurz – und viel Zeit.

Zwölf Stunden darf der Teig innerhalb eines gewissen Temperaturbereiches seine Natur-Hefen und milden Säuren bilden. Die sorgen letztlich für milde Schwarzbrote, die nicht nur saftiger und besser schmecken, sondern zudem höchst bekömmlich und auch für Allergiker sowie bei Histamin-Intoleranz sehr gut verträglich sind. „Einem Bäcker geht bei einem Vollsauer das Herz auf“, schwärmt Mario. Dieser Teig sei zwar sensibler und bis zum fertigen Brot dauere es um einiges länger. Aber der Aufwand lohne sich absolut für Qualität und Natürlichkeit des Brotes.“

Quell- & Brühstücke mit Schrot & Korn

Der Faktor Zeit spielt auch bei allen Spezialbroten im Sortiment die wesentliche Rolle. Bei allen Sorten, in denen Schrote, Saaten und Körner drin sind, geht Kurz ad fontes: mit „Quellstücken“. Die jeweiligen Zutaten werden in Wasser eingeweicht und dürfen mindestens 24 Stunden lang im Kühlraum quellen.

Der Effekt: Auch die Spezialbrote – allesamt mit Vollsauer gemischt – sind äußerst saftig und bekömmlich. Heiß her geht's bei den Dinkel- und Vollkornbroten – mit „Kochstücken“. Dabei treffen Dinkelmehl und Dinkel-Vollkornmehl auf kochend heißes Wasser und gehen während 24 Stunden im Kühlraum eine bindende Allianz ein. Die Stärke verkleistert durch die Hitze und dadurch wird das Wasser auf natürliche Weise gebunden. Nur zur Info: Bei Backmischungen übernehmen diesen Prozess chemische Zusatzstoffe. Der Vorteil der Natur-Methode: Die Stärke bindet viel mehr Wasser und das bleibt auch während des Backvorganges erhalten. Ergebnis: ein mächtig saftiges Brot!

Unikate: Gekochter Weizen-Sauerteig & Vorteig

Tataaa! Die Spezialität des Hauses: für Toast, dunkles Kleingebäck und das legendäre Ruchbrot kommt in der Backstube von Kurz – und nur dort – ein gekochter Weizen-Sauerteig zum Einsatz. „Das kennt sonst kein Bäck' oder Koch“, ist sich Mario sicher. Weizenmehl und Wasser werden 1:1 gemischt und reifen gemeinsam während der Teigruhe 24 h lang. Dann kommt kochendes Wasser dazu und dieses Kochstück darf dann weitere 24 h zur Gare rasten. Ein Toast auf den Toast. Und nicht nur auf den: Die Brotsorten aus gekochtem Weizen-Sauerteig erfreuen mit ihrer Saftigkeit und ihrem milden Geschmack.


Was lange gärt …

…wird endlich gut. „Die hervorragende Qualität bei Weißbrot und Kleingebäck können wir nur über die Langzeitführung des Teiges erreichen. Geschmack, Bekömmlichkeit und Saftigkeit entstehen durch Aufschließung der Stärke und Stärkeabbau durch den entstehenden Zucker“, berichtet Mario aus dem Naturlabor. Es kommt also doch auf die Länge an! Wie Mario mit etwas Wehmut berichtet, würde er auch die Semmeln gerne über Langzeitführung herstellen: „Derzeit fehlen dafür aber die technischen und organisatorischen Voraussetzungen.“ Aber er verrät: In den Köpfen von Hannes und Mario ist für das nächste Jahr bereits ein Konzept herangereift, das auch das wichtige Produkt Semmel auf diesselbe höchste Qualitäts-stufe wie alle anderen Produkte stellen wird. 
Es bleibt spannend!

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