Darf mich vorstellen: Vinschgerl-Weckerl, stolzer Vertreter der kulinarischen Tiroler Landeseinheit. Geboren heute um ca. 4 Uhr früh in Ischgl. Jetzt, drei Stunden später, liege ich in deinem Brotkorb und lächle dich an. Bis du mich verknusperst, erzähle ich dir, wie es dazu kam.
Natürlich habe ich Eltern: Mario, Bäckermeister & Backstubenleiter, und sein heißer Ofen. Ein harmonisches Paar. Papa, vulgo Mischer, ist zuständig für die Zubereitung und Aufarbeitung des Teiges, aus dem ich gemacht bin, Ofen für die Vollendung. Mario steht zusammen mit seinen abwechselnd 10 Bäckerkollegen – wie heute dem Beni – schon seit Mitternacht in der Backstube. Ein Vater vieler Kinder hat eben viel Arbeit. Er ist Geburtshelfer für 100 Sorten Brot und Gebäck jede Nacht. Die ersten verlassen bereits vor 4 Uhr morgens das Nest Richtung liebevolle Genießer. Ich noch nicht, denn um diese Zeit freue ich mich nach langer Teigruhe über die Sauna.
Dunkles Weizenmehl, Roggenmehl, hausgemachten Natur-Sauerteig, Hefe, Salz, Gewürze und Wasser vermengt Super Mario zu einem weichen Teig, den er gehen lässt. Eigentlich stehen, aber man sagt halt gehen. Gut zwei Stunden dauert die sogenannte Kesselgare. Meistens hat er für mich und meine Geschwister auch noch einen langzeitgeführten Teig auf Kühllager. Der ist dann schon zwischen 12 und 24 Stunden gegangen. Die lange Teigführung – also die Zeit von der Mischung der Zutaten bis zur Aufarbeitung – bewirkt, dass ich tagelang haltbar bleibe. Weil ich eben eine saftigere Krume habe, trotzdem eine so knackige Kruste. Na, hast du bald Appetit auf mich?
Dein Vinschgerle
„Dank der langen Teigführung habe ich eine saftigere Krume und trotzdem eine so knackige Kruste. Na, Appetit auf mich?“
Von Hand formt mich Papa zu einem flachen Laib und legt mich auf ein Backblech, das er vorher mit Weizenkleie bestreut hat. Damit ich 1.) meinen typischen Geschmack und Biss kriege und 2.) nicht picken bleibe. Hotel Mama spielt’s nicht. Nach der Massage darf ich wieder rasten, mindestens eine Stunde. Stückgare nennt man das. In dieser Zeit entwickle ich die charakteristischen Risse an der Oberfläche, die du sehen kannst. Und dann komm ich endlich dran zum Einschießen. Klingt gefährlicher, als es ist, obwohl man schon ein gestandenes Brot sein muss, um die 260° Celsius im Thermo-Öl-Ofen durchzuhalten. Ich werde nämlich doppelt gebacken, so zwischen 40 Minuten und einer Stunde. Mario passt da schon auf, dass Ofen keinen Blödsinn mit mir macht. Ausgebacken, wie ich bin, darf ich abkühlen …
Inzwischen verlassen immer größere Teile der Verwandtschaft das Expedit des Stammhauses Richtung überallhin im Paznaun. 650 Kundschaften hat der Chef von Mario zu Spitzenzeiten im Tal, davon alleine 50 große mit über 100 Gästebetten.
Da müssen die gesamt 12 Fahrer früh aufstehen, um die Kommissionierung und die Ausfuhr der größtenteils vorbestellten Ware bewältigen zu können. Jetzt bin auch ich schon fast bei dir, denn der gute Arnold – seit 10 Jahren bei Kurz – hat sich meiner angenommen. 20.000 Kilometer legt er jedes Jahr im Dienst des frischesten Brotes zurück, es gibt keinen, der ihn und den er nicht kennt.
Der Trennungsschmerz von meinen Erzeugern weicht der Vorfreude auf neue Bekannte und Freunde. Denn – ohne Einbildung – ich weiß, dass man mich liebt. Gerade hier in Nordtirol, obwohl ich großelterlich eigentlich aus Südtirol stamme. Egal, so unter uns Kosmopoliten. Oh, du bist auf den Geschmack gekommen. Gratuliere, gute Wahl! Das wird ein langer Genussmoment mit mir und dir.
Dein Vinschgerle
„Gratuliere, gute Wahl!
Das wird ein langer Genussmoment
mit mir und dir.“
Kontrolle ist gut, Vertrauen besser: Im Expedit der Bäckerei Kurz können sich all jene, die den Verkauf in den Geschäften in Ischgl und Galtür gar nicht erwarten wollen oder können, an frischem Brot bedienen. Aussuchen, in ein Heft eintragen und dann bei Gelegenheit bezahlen. So geht das in einem kleinen Dorf mit vielen Stammkunden. So geht das bei „inserm Bäck’“. Größere Abnehmer nutzen die 24-h-Bestellmöglichkeit. Das Versprechen: Wer bis 24 Uhr bestellt, hat um spätestens 7 Uhr sein frisches Brot vor der Tür.