GENUSS-GIPFEL

Das ist das Beste, was es gibt!

Regionalität ist in aller Munde. Die Heimat am Teller schmeckt nicht nur den Einheimischen, sondern auch Gästen aus aller Welt. Aber was kann und muss Regionalität kulinarisch leisten? Wo beginnt und wo endet sie? Welche Standards und Strukturen braucht sie? Ein Gespräch mit Haubenkoch Martin Sieberer vom 5-Sterne-Superior-Resort Trofana Royal in Ischgl über Kreisläufe, Kostbarkeiten – und Brot.

Auch in der gehobenen Gastronomie gilt Regionalität längst als Qualitätssiegel, als Produktversprechen, das Geist und Gaumen erfreut. Die Definition des Begriffes ist jedoch sehr oft Ansichtssache. Was bedeutet Regionalität für Sie?
M.S. Ich möchte den Begriff hinsichtlich Hauben-Gastronomie weiter fassen. Regionalität und Internationalität definieren sich für mich gleicher- maßen durch Produktqualität, Produktwahrheit und Produktvielfalt. Wir in unserem Haus bieten beides, weil der Gast zu Recht diesen Anspruch stellt. Mit rein regionalen Qualitätsprodukten würden wir auch nicht das Auslangen finden, dafür ist unser Angebot zu umfangreich. Das würde den Gast letztlich auch nicht zufriedenstellen. Doch verfügen wir im Paznaun über einen regionalen Feinkostladen, dessen herausragende Produktpalette ständig wächst und die wir hochhalten müssen. Dann funktioniert auch der regionale Produktions-, Verarbeitungs- und Genusskreislauf.

Haubenkoch Martin Sieberer

Position im Unternehmen

» Ohne Brot von der Bäckerei Kurz würde unseren Gästen am Tisch etwas fehlen. «

Genuss pur „made in Paznaun“: Brot von der Bäckerei Kurz kommt bei den Gästen des Trofana Royal hervorragend an.

Produkte aus welchem Umkreis würden Sie noch als regional bezeichnen?
M.S. Dank unserer privilegierten geografischen Lage stellen sogar die Landesgrenzen für mich nicht das Ende der Regionalität dar. Für mich ist der Südtiroler Apfelsaft auch regional. Oder das Gemüse aus dem Tiroler Unterland. Der sog. »Kwellsaibling« aus dem Ötztal oder sogar das Spanferkel aus Oberösterreich. Aber definitiv nicht der Apfel aus Chile.

Das Trofana Royal gehört zu den Vorreitern einer Entwicklung hin zu heimischen Qualitätsprodukten mit kurzen Lieferketten. Ein langer Weg?
M. S. Als ich vor 25 Jahren hierher kam und erstmals regionale landwirtschaftliche Produkte bezog, war die Qualität mitunter durchwachsen. Doch gemeinsam haben wir über die Jahre Standards und Strukturen entwickelt, die heute eine gleichbleibend hohe Produktqualität garantieren. Das war und ist ein Prozess. Wir zahlen gute Preise und umgekehrt schauen die Produzenten darauf, dass ihre Produkte meinen Anforderungen und Vorgaben entsprechen. Diese regionale Qualität kann ich dem Gast als etwas Besonderes präsentieren.

Sie bieten der regionalen Kost eine große Bühne – im wahrsten Sinne ...
M.S. Ja, in unserem Restaurant »Sieberers Heimatbühne« gehen wir konsequent den Weg, ausschließ- lich heimische Produkte vor den Vorhang zu holen und im entsprechend hochwertigen Ambiente zu präsentieren. Die Heimatbühne ist ein Herzensprojekt von mir. Der Paznauner Highländer, das Schafl, das Wildkalb aus dem Fimbatal, die Diasbachforelle, der vielfach prämierte Almkäse – hier bekommen sie eine Bühne, auf der sie glänzen können. Das Angebot ist zum Teil saisonal limitiert, der Gast versteht und honoriert das.

In der Paznaunerstube hat Regionalität ebenfalls ihren fixen Platz, doch kommen wir auf Haubenniveau ohne ein internationales Angebot
auf der Karte nicht durch. Ich habe einmal versucht, einen ganzen Sommer lang keinen Salzwasserfisch zu bestellen. Da haben wir schnell gemerkt, dass dem Gast etwas fehlt. Wir sind jedoch stets bemüht, bei heimischen oder sogar Tiroler Lieferanten zu kaufen, gerade Gemüse, Obst und Salat. Wie immer gilt auch hier: Saisonal einkaufen, dann stimmt die Qualität.

Sie beziehen seit Jahrzehnten 100 Prozent der in Ihrem Haus angebotenen Brotsorten von der Bäckerei Kurz. Wie sehr schätzt der Gast dieses heimische Angebot im Brotkörberl?

M.S. Die großen Pluspunkte der langjährigen Partnerschaft mit Hannes Kurz heißen Qualität, Nähe und Service. Kurz hat zahlreiche Brotsorten im Sortiment, die unsere Gäste enorm schätzen und ohne die ihnen am Tisch etwas fehlen würde. Ein Nordtiroler oder das Ischgler Kornbrot – das sind charakteristische Sorten, die es nur bei der Bäckerei Kurz gibt. Brot spielt auch eine zentrale Rolle in der regionalen Küche: Kaspressknödel, Bröselknödel, Speckknödel, Wiener Schnitzel oder Scheiterhaufen – alles undenkbar ohne Brotprodukte. Deshalb kom- men auch die Brösel oder das Knödelbrot bei uns von Kurz. Den merkbaren Geschmacksunterschied dieser Qualitätsprodukte aus gebackenem Brot gegenüber lieblosen Industrieprodukten demonstriere ich auch gerne in meiner Kochschule.

Zur Person

Martin Sieberer (*1968) verwöhnt die Gäste des Trofana Royal seit den Gründungstagen im Jahr 1996. Auszeichnungen wie „Aufsteiger des Jahres 1997“, „Österreichs Koch des Jahres 2000“ oder „Schlemmeratlas Spitzenkoch des Jahres 2021 in Österreich“ säumten seinen Weg zum höchstdekorierten Koch Tirols. Aktuell zieren insgesamt 7 Hauben die beiden À-la-carte-Restaurants im Trofana Royal. Martin Sieberer gilt als Aushänge- schild der gehobenen Küche im Paznaun und beflügelt mit seiner kulinarischen Heimatliebe die gesamte Region. Seine Freizeit verbringt der aus Hopfgarten im Tiroler Unterland stammende dreifache Familienvater bevorzugt am Berg, beim Skifahren, Laufen und Fußballspielen.

mehr geschichten