Zuckersüßes Handwerk
Süßer Duft im ganzen Haus. Kekslzeit in der Konditorei Kurz. Einen ganzen Monat lang – von Mitte November bis Mitte Dezember – backen die Mädels im Oberstübchen der Firmenzentrale in Ischgl gut 22 Sorten leckere Kekse. Wir schauen zu und singen dabei ein – mehr oder weniger – passendes Adventlied.
Kleckerei? Stimmt so gar nicht. Im Gegenteil, hier in der Konditorei läuft der Betrieb sehr koordiniert ab. Jeder Handgriff sitzt. Und Teamleiterin Carina, Konditorin Eszter, Angelina (2. Lehrjahr), Julia, Magdalena und Jessica (1. Lehrjahr) als Knilche zu bezeichnen, ist unverschämt! Da passt schon eher Elfen. Oder Heinzelmännchen.
Das Rezeptbuch liegt offen da. Darin finden sich ca. 25 überlieferte Backrezepte der eigenen Klassiker und Leckereien, die über die Jahre von g’standenen Paznauner Hausfrauen zusammengetragen wurden. Alle mit ohne: Mit viel Liebe und Erfahrung, ohne das ganze industrielle Zeug, das nicht reingehört. Also ran!
Viele der Teige werden bereits am Vortag hergestellt und dürfen über Nacht anziehen. Das Grundrezept fürs Buttergebäck ist der sogenannte 1/2/3-Teig: 1 Teil Staubzucker, 2 Teile Butter, 3 Teile Mehl und Eier.
Doch ein Handwerksbetrieb, der was auf sich hält, variiert die Ingredienzien: „Wir stellen für jede Sorte einen eigenen Teig mit eigenen Mischverhältnissen, Zutaten und Gewürzen her, die eben den typischen Charakter ausmachen. Zum Einsatz kommen Nüsse, Mandeln, Vanille, Zitrone, Kirschen, Nelken, Muskat u.v.m. Für ca. 22 Sorten rühren wir 18 verschiedene Teige an, auch wenn diese sich nur minimal unterscheiden. Das ist zwar aufwändiger und teurer, aber es lohnt sich für den Geschmack.“
Einfacher zu verarbeitende und günstigere Margarine wie in der industriellen Fertigung ist ebenfalls verpönt, denn echte Tiroler Butter kann durch nichts ersetzt werden, schon gar nicht geschmacklich. Die Eier sind auch nicht „vorbei“ wie im Lied, sondern ein qualitativer Volltreffer: Sie kommen ausschließlich aus österreichischer Freilandhaltung. Keine Selbstverständlichkeit.
Das Konditorei-Team arbeitet die unterschiedlichen Teige im ersten Produktionsschritt dann auch unterschiedlich auf:
Die Mürbteige werden ausgerollt, ausgestochen, geschnitten, geformt, bestreut. Die Spritz-Mürbteige dressiert (= mit dem Dressiersack aufs Backbleck gespritzt). Schritt 2 ist das Backen selbst: Die Mädels schieben ein Backblech nach dem anderen in die Öfen, zwischendurch ein Kontrollblick, dann holen sie die heiße Ware aus dem Feuer. Der Chef räumt ein: „Im echten Handwerk kann es schon mal passieren, dass ein Blech Kekse zu dunkel wird. Das ist normal und gehört dazu. Die essen wir selbst auf.“
Der finale Produktionsschritt ist die Endfertigung, also das Zusammensetzen, Füllen, Tunken, Felieren, Zuckern, Bestreuen der Keks-Spezialitäten. Dazu ein Patisserie-Crashkurs zum Thema Schoko von Hannes Kurz: „Wir verarbeiten ausschließlich Kuvertüre, reine Schokolade, deren Bestandteile (Kakaomasse, Kakaobutter) zu 100 % von der Kakaobohne stammen. Je mehr Kakaomasse, desto dunkler die Schoko. Die hellbraune ist mit Milch, in der weißen ist gar keine Kakaomasse mehr drin. Weitaus billigere Glasurmasse wie in der industriellen Großproduktion wollen wir nicht.“ Die Verarbeitung ist ein aufwändiger Prozess, denn Kuvertüre aus gutem Hause will behutsam temperiert und bei exakt 30° verwendet werden. Das besorgt „Hermann“, wie das Konditoreiteam die vollautomatische Schokoladen-Temperier- und -Überzugsmaschine der Einfachheit halber nennt. Auch die Füllungen folgen höchsten Qualitätsansprüchen: zum Beispiel reines Nougat aus Haselnüssen und Zucker sowie beste Tiroler Fruchtmarmelade.
Florentiner, Nussknacker, Mailänderli, Vanillehörnli, Triestini, Vanillekipferl, Husarenkrapferl, Mandelbrot, Muskatzoner, Croquettes Suisse, Zitronenstangen, Orangenlaibchen, Nero, Kokosbusserl, Anisbusserl, Nussbusserl, Teenüsse, Teestangen, Florentini, Amarettini, Baseler Lebkuchen, Schnittlebkuchen.
Und so manche süße Überraschung!