Hüttenbrot
Knarrende Dielen, flotte Sprüche und ein Wahnsinnspanorama: Die Hütten rund um Ischgl haben alles, was Bergfreunde lieben. Und natürlich gutes Brot. Das kommt von Kurz, egal wie aufwändig die Lieferung ausfällt. Wir haben den Weg von der Backstube in luftige Höhen mitverfolgt – winters auf die Heidelberger Hütte, sommers auf die Saarbrücker Hütte. Und sind dabei auf kernige Typen und felsenfesten Glauben an Qualität gestoßen.
Szenenwechsel. Die Julisonne gibt schon frühmorgens alles. Unser nächstes Ziel auf der Logistiktour des Brotes ist jedoch gerade erst den Klauen des Winters entronnen: die höchstgelegene Schutzhütte in der Silvretta. Auch ihr Pächter – natürlich – ein Kunde von Kurz. Auf 2.538 m thront die Saarbrücker Hütte auf der Südostgratschulter des Kleinlitzners. Hinter ihr prangt die vergletscherte Bergwelt der Litzner-Seehorn-Gruppe, deren Überschreitung als die schönste Zweigipfeltour der Silvretta gilt. Doch wir nehmen wieder den Weg des Brots.
Auf der ersten Etappe noch bequem: Ein Brotfahrer von Kurz liefert die Wecken über die Bielerhöhe ins Vorarlberger Montafon. Am Vermunt-Stausee hinterlegt er sie im Depot oder übergibt sie direkt an die Pächter. Heute wartet Manfred „Manni“ Schöpf auf uns, Vater und helfende Hand des Hüttenwirts Stefan Schöpf. Jeden Stein und jede Rinne kennt der rüstige Senior auf dem 6,3 km langen Fahrweg. Schließlich bessert Manni die Spur nach Unwettern oft eigenhändig aus. Routiniert steuert er jetzt den schwarzen Jeep mit Besuchern und Brot an Bord bergwärts. Adleraugen erspähen die Hütte schon von weitem, aber nur langsam rückt sie näher. Mit dem ruckeligen Jeep sind wir trotzdem schneller als die Tagesgäste, die in etwa drei Stunden heraufwandern oder die Challenge mit dem E-Bike annehmen.
Wimmelbild aus Fels und Stein: Wer entdeckt die Saarbrücker Hütte?
Endlich angekommen. Und wow! Bei dem Panorama fehlen selbst g’standenen Bergfexen die Worte. Mit ihrer wettergegerbten Schindelfassade, den blau-weißen Fensterläden und bunten Gebetsfahnen am Dach wirkt die Hütte heimelig und idyllisch. Für Stefan Schöpf bedeutet sie die Erfüllung eines Traums. 2017 hat der schlaksige Mittdreißiger, der sich durch jede Tür bücken muss, den Schlüssel übernommen. Als gelernter Maurer und Zimmermann bringt er das nötige handwerkliche Know-how mit, als Bergretter die alpine Leidenschaft. Seine Frau Tanja hilft wann immer möglich aus, bei schönem Wetter tauschen auch die beiden kleinen Töchter das familiäre Basislager in Galtür mit der Bergwelt. Stefans Schwager ist Koch, Vater Manni kennen wir schon. Family Power pur!
So bodenständig wie die Wirtsleute präsentiert sich auch die Speisekarte auf der Saarbrücker Hütte. Dem Machbaren mögen hier oben Grenzen gesetzt sein, dem Herzblut jedoch nicht. „Wir kochen zu 90 Prozent auf dem Holzherd“, erzählt Tanja in der urigen Küche mit Traumblick auf den Vermuntsee. In großen Töpfen köcheln Gulaschsuppe, Sauerkraut und Tomatensugo in Erwartung des Mittagsgeschäfts vor sich hin. Nur die Klassiker Kaspressknödel und Kaiserschmarrn entstehen am Gasherd. Für die flaumige Spezialität zeichnet Thami verantwortlich, ein nepalesischer Sherpa, der seit zehn Jahren zum Team gehört.
In dieser Zeit hat Thami laut eigener Strichliste an die 10.000 Kaiserschmarren gezaubert. Manchmal bereitet er für Halbpensionsgäste auch „Dal Bhat“ zu, ein typisches Gericht aus seiner Heimat. Wie oft nach Pommes frites gefragt wird? „Selten. Und das braucht’s auf einer Hütte auch nicht“, sind sich Stefan und Tanja einig. „A guats Brot“ hingegen schon. „Das Brot von Kurz kommt super an. Auch bei den Kindern“, freut sich das Paar. Die unkomplizierte Bereitstellung durch Kurz erleichtert ihnen das Leben sehr. „Wir decken uns immer so ein, dass wir eine Woche Betrieb ohne Nachschub überstehen würden. Manchmal ist der Weg nach Starkregen oder Schneefall nicht befahrbar. Dank unserer Vorräte muss dann nicht sofort der Hubschrauber kommen.“
Man ahnt es: Ihre besondere Lage macht die Saarbrücker Hütte überdurchschnittlich anspruchsvoll. Der Fahrweg: Fluch und Segen zugleich. Eine Lebensader, die viel Zuwendung erfordert. Das beginnt mit den Schneeräumarbeiten im Juni, um die Hütte überhaupt erreichen zu können. Oft türmt sich die weiße Pracht noch meterhoch, wenn der Weg ausgefräst und das Gebäude freigebaggert wird. Auch in der laufenden Saison hat Stefan keinen Ruhetag. Neben der Gästebetreuung halten ihn die Haustechnik und allfällige Reparaturen auf Trab. Ein kleines Wasserkraftwerk etwas unterhalb der Hütte ermöglicht das Nötigste an Komfort. Wärme wird via Schwerkraftheizung vom Holzherd in der Hütte verteilt.
Dennoch können in den Schlaflagern und Zimmern schon mal gefühlt arktische Temperaturen herrschen. Wohl und geborgen fühlt man sich trotzdem. Sogar im Winter, wenn die Hütte verlassen ist, finden in Not geratene Tourengeher im Winterraum Unterschlupf. „Faszinierend“, findet Bäckermeister Hannes Kurz das Hüttenuniversum. Und ist stolz darauf, wie weit es sein Brot geschafft hat.
Höhe: 2.538 m · Distanz: 6,3 km (770 Hm) ab Vermunt · Zustieg: 3 h ab Vermunt oder Bielerhöhe · Schlafplätze: 47 Zimmer, 40 Lager· Wintersaison: 3 Wochen zu Ostern · Sommersaison: Ende Juni bis Mitte September · Pächter: Stefan & Tanja Schöpf · Kontakt: T. +43 664 8925587