START IN NEUE ÄRA

That's Ischgl

Ischgl startet im November 2021 in die vielleicht wichtigste Wintersaison seiner jüngeren Geschichte. Sie wird so etwas wie der Elchtest für jene Destination, die die internationale Presse ja als »Ground Zero« der COVID-19-Pandemie in Europa auserkoren hatte. Im Interview berichtet Alexander von der Thannen, Obmann des Tourismusverband Paznaun – Ischgl, von den Learnings aus der Krise und einem neuen Selbstverständnis.

Wie geht es Ihnen und den Ischglern an der Schwelle in eine neue Ära?
A.V. Sehr gut. Wir sind mehr als bereit. Die Bu- chungslage ist höchst zufriedenstellend, unsere Gäste freuen sich auf ihren ersten Winterurlaub im Paznaun und in Ischgl nach langen, turbulenten zwei Jahren. Wir wollen ein elegantes Winter-Opening zelebrieren und als eine der sichersten Destinationen der Alpen für positive Schlagzeilen sorgen. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und gehen mit neuem Selbstbewusstsein in die Saison.

Inwiefern? Was sind Ihre Learnings aus der Krise?
A.V. Um uns ein größeres Bild zu machen, führten wir umfassende Befragungen bei Gästen und Einhei- mischen u.a. hinsichtlich Image und Buchungskrite- rien durch. Dabei zeigte sich, das 95 Prozent unserer Gäste im Winter wegen der hohen Qualität des Skige- biets sowie des touristischen Angebotes hinsichtlich Hotellerie und Gastronomie nach Ischgl kommen. Und im Sommer schätzen fast 80 Prozent unserer Gäste das unverfälschte Naturerlebnis mit authentischer Gastfreundschaft – ohne ein Berg-Disneyland wie bei Mitbewerbern. Letzteres hat uns überrascht, das war gar nicht in unserem Blickfeld. Der Großteil unserer Gäste kommt also wegen der gebotenen Qualität, nicht wegen Après-Ski und Party. Diese Qualität, die wir als Touristiker vielleicht lange als selbstverständlich angesehen haben, wollen wir nun mehr ins Schaufenster stellen. Und ich bin mir sicher, nach dieser Saison wird man über Paznaun – Ischgl anders denken und urteilen.

Ihr Slogan »Relax – If you can« hat also ausgedient? Wie wird sich das neue Image anfühlen?
A.V. Der Slogan ist momentan jedenfalls nicht präsent. Doch Brands und Claims verfestigen sich, das ist ein längerer Prozess. Wir werden Adaptierungen vornehmen und Orientierung schaffen in der Kom- munikation. Vielleicht gelingt es uns, das Image langfristig zu drehen und neue Gästeschichten für uns zu gewinnen. Ischgl muss sich aber nicht neu erfinden.

Also Kursänderung ja, 180-Grad-Wende nein?
A.V. Wir sind im Zuge unserer Nabelschau auch drauf- gekommen, dass Ischgl polarisiert. Du liebst es oder du lässt es. Es gibt wenige Gäste, die ihre Urlaube abwechselnd in Ischgl und in anderen Destinationen verbringen. Der Anteil an loyalen Stammgästen ist enorm hoch. Diese sind und bleiben Ischgl-Fans. Wir werden uns also vom erfolgreichen Gesamtpaket, das wir bieten, nicht verabschieden. Was in mehr als 30 Jahren gewachsen ist, kann auch die Pandemie nicht in wenigen Monaten ruinieren. Wir sind felsenfest davon überzeugt, weiterhin mit Qualität punkten zu können. Denn der Gast wiegt knallhart ab: WO kriege ich WAS geboten? Da wird Ischgl auch weiter- hin ganz vorne dabei sein im Wettbewerb.

Alexander von der Thannen

Position im Unternehmen

„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und gehen mit neuem Selbstbewusstsein in die Saison.“

Apropos Qualität: Es überrascht, dass Ischgl bei den Restaurants die höchste Haubendichte Österreichs aufweist. Alleine Ihr Haus wurde mit sieben Gault-Millau-Hauben ausgezeichnet, im gesamten Ort sind es 25.
A.V. Das ist ein gutes Beispiel für Kommunikations- bedarf. Für uns Ischgler war es immer selbstverständ- lich, dass du in jedes Haus gehen kannst und dort einen super Standard vorfindest. Das muss nicht mal ein Haubenrestaurant sein. Unsere Gäste haben das sehr wohl wahrgenommen und schätzen es.

Stichwort »Sicherste Destination«: Wie sehen die konkreten Umsetzungen aus?
A .V. Alleine 2020 hat die Silvrettaseilbahn AG 700.000,- Euro in Hygiene- und Sicherheitsmaß- nahmen investiert. Intelligente Kamerasysteme optimieren Besucherströme in den Anstehbereichen und zeigen die aktuellen Wartezeiten den Gästen am Smartphone an. Alle Seilbahnkabinen, Skibusse, Sportshops, Skidepots, WC-Anlagen, Aufzüge und Erste-Hilfe-Stationen werden laufend mit Kaltverne- belungsgeräten desinfiziert. Das Paznauntal hat als erste Region das Abwassermonitoring eingeführt. Und natürlich werden die jeweils gültigen COVID-19-Schutzverordnungen für die Tourismuswirt- schaft strikt umgesetzt. Ich könnte viele weitere Maßnahmen aufzählen. Die wichtigste jedoch wird sein: Der Gast handelt und reagiert anders. Die Zeiten, in denen sich Menschen zum Feiern in Lokale pressen, sind vorbei. Und wenn eine Gondel voll ist, ist sie voll, dann nimmt der Gast eben die nächste. Davon bin ich überzeugt.

Ischgl ändert die Spur,
aber nicht die Linie. Das erfolgreiche Gesamtkonzept setzt künftig noch mehr auf Qualität. Viele loyale Ischgl- Fans kommen vor allem zum Skifahren.

Stichwort »Sicherste Destination«: Wie sehen die konkreten Umsetzungen aus?
A .V. Alleine 2020 hat die Silvrettaseilbahn AG 700.000,- Euro in Hygiene- und Sicherheitsmaß- nahmen investiert. Intelligente Kamerasysteme optimieren Besucherströme in den Anstehbereichen und zeigen die aktuellen Wartezeiten den Gästen am Smartphone an. Alle Seilbahnkabinen, Skibusse, Sportshops, Skidepots, WC-Anlagen, Aufzüge und Erste-Hilfe-Stationen werden laufend mit Kaltverne- belungsgeräten desinfiziert. Das Paznauntal hat als erste Region das Abwassermonitoring eingeführt. Und natürlich werden die jeweils gültigen COVID-19-Schutzverordnungen für die Tourismuswirt- schaft strikt umgesetzt. Ich könnte viele weitere Maßnahmen aufzählen. Die wichtigste jedoch wird sein: Der Gast handelt und reagiert anders. Die Zeiten, in denen sich Menschen zum Feiern in Lokale pressen, sind vorbei. Und wenn eine Gondel voll ist, ist sie voll, dann nimmt der Gast eben die nächste. Davon bin ich überzeugt.

Zum Thema Gast und Umdenken: Die Pandemie hat im Sommertourismus auch die Flugzeuge vom Himmel geholt. Profitiert eine Destination wie Ischgl davon?
A .V. Ja, das erdgebundene Reisen ist momentan extrem angesagt. Wir – wie die Alpen insgesamt – konnten uns während der letzten beiden Sommersai- sonen über enorme Zuwächse freuen. Der Trend geht eindeutig zu Reisezielen, die mit dem Auto oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht oder gerade noch erreichbar sind. Das Paznaun mit Ischgl hat da natürlich den großen Standortvorteil, da wir mitten in unseren Hauptmärkten liegen.

Macht sich also auch im Urlaubsverhalten ein Trend zur Regionalität bemerkbar?
A .V. Absolut. Viele Menschen, die früher dachten, sie müssten ans andere Ende des Erdballs, um etwas Schönes zu erleben, haben jetzt Destinationen wie die unsere am Schirm und entdecken Neues, das sie be- geistert. Sie erkennen, dass es den enormen Aufwand von Fernreisen für ein zutiefst befriedigendes und entspannendes Urlaubserlebnis gar nicht braucht. Das gilt nicht nur für den Sommer, denn auch im Winter sehen wir eine Entwicklung hin zum Winter-Erlebnisurlaub, der mehr als ein reiner Skiurlaub ist. In dieser Hinsicht können wir alle nachhaltig Positives aus der Krise herausholen.

Zur Person

Alexander von der Thannen, Jahrgang 1971, absolvierte die Ausbildung zum Koch und stieg nach Auslandsaufent- halten in England und Italien in den Familienbetrieb ein. Seit 2005 ist er CEO des legendären Trofana Royal in Ischgl und seit 2018 auch Geschäftsführer der Trofana Tyrol Autobahnraststätte in Mils. Neben seiner Tätigkeit als Unternehmer und Hotelier engagiert sich Alexander von der Thannen aktiv für den Tourismus. Als Obmann des Tourismusverbandes Paz- naun-Ischgl und Tourismussprecher für den Bezirk Landeck in der Wirtschafts- kammer Tirol will er die Region in eine erfolgreiche Zukunft führen. Ausgleich findet der leidenschaftliche Mountainbi- ker beim Sport in den Bergen.

mehr geschichten